Einen historischen Fall – und mutmaßlichen Filmstoff – nimmt das Recherchetheater Vajswerk zum Ausgangspunkt für seine neue Darstellung von DDR-Geschichte und dessen Rezeption. An der Schnittstelle von Wissenschaft und Kunst zeigte bereits TAMARA BUNKE. EINE HELDIN WIRD GEMACHT die Wechselwirkungen von Biographie und Instrumentalisierung. Die konkrete Geschichte einer tödlichen Republikflucht wird nun in GROSSES KINO DDR zur Auseinandersetzung mit dem zentralen Begriff von deutscher Teilung und Einheit: mit dem Begriff Freiheit und dessen politischer und gesellschaftlicher Deutung. „Er wollte nur die Freiheit“ heißt es auf dem Denkmal für den erschossenen Peter Fechter, das zehn Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer errichtet wurde.
Im Kalten Krieg erklärte Axel Cäsar Springer die an der innerdeutschen Grenze erschossenen Flüchtlinge für „Gefallene im deutschen Freiheitskrieg“. Gilt dies auch für Peter Reisch, der am 5. Juni 1962 an den Sperranlagen im Harz tödlich verwundet wurde? Dem Todesschützen – der zuerst geehrt wurde und dann seinerseits in den Westen floh – wurde ein Jahr später in Stuttgart der Prozess gemacht: Das Urteil gegen F. H. wurde zum ersten gegen die sogenannten Mauerschützen. Zu diesen beiden Männern gehört auch eine Frau; ein Brief an sie stecke in der Jackentasche des Republikflüchtlings. In der Heimat fest verwurzelt, geriet sie zwischen die Fronten und lebt heute in Thüringen.
Die Geschichte dieser drei ist ein Stoff, aus dem großes Kino gemacht wird, das dem DDR-Bild eines millionenfachen Publikums entspricht. Beispiele hierfür gib es zahlreiche in der Populärkultur, im gesellschaftspolitischen Mainstream: Freiheitswille versus Repression; DDR-Geschichte dient heute als Folie zur Legitimierung unserer freiheitlichen Gegenwart.
Vajswerk untersucht nun einerseits das Narrativ von Freiheit, Unterdrückung und Flucht in den 40 Jahren der Teilung und den 30 Jahren der Einheit und beschäftigt sich andererseits mit dem authentischen Fall – und den Folgen jener Schüsse aus dem Sommer 1962.
Hier finden Sie drei der zehn Puzzleteile der Inszenierung für das Heimkino:
Mit bzw. von: Laura Mitzkus, Charles Toulouse, Manolo Palma, Markus von Schwerin; Julia Jägle, Mirko Winkelmann, Stefan Paul-Jacobs, Anne Decker, Christian Tietz; Paul Fenski, Mareike Trillhaas.
Die Uraufführung war am 29. Oktober 2020 in der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde; am 12. November 2020 war das Stück als Stream zu sehen, zur Prime Time um 20:15. Im Sommer 2022 gab es eine Wiederaufnahme, eine regelrechte Tour: an drei Orten in Berlin sowie in Erfurt, Stuttgart und Egeln. Eine eigene Jugendfassung zeigten wir am 1.&2.Dezember 2022, am 6.&7. Juli 2023 sowie am 5.&6. Dezember 2024 im Haus der Jugend Zehlendorf. – Außerdem machten wir uns im April 2024 auf zu einer 2. Deutschlandtour, mit besagter Jugendfassung. 2.4. Halle/Roter Ochse – 3.4. Egeln/Schule an der Wasserburg – 5.4. Helmstedt/Arbeiterwohlfahrt – 12.4. Berlin, Felix-Mendelsohn-Bartholdy-Gymnasium – 22.4. Rathenow/Kulturzentrum.
Projekt im Prozess: der Blog zu Großes Kino DDR
Das Projekt wurde gefördert mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, vom Fonds Darstellende Künste im Förderprogramm “#takeheart” sowie vom Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf/KiA: Berliner Förderung der darstellenden Künste für ein junges Publikum.
Den Flyer zur Uraufführung finden Sie hier. Den Flyer zur Tour und Wiederaufnahme im Sommer 2022 finden Sie hier.