LASERSTEINS ORTE

Es beginnt in Friedenau; Lotte ist 14 und Käte 12 Jahre alt, als die Mutter mit ihnen ins große Berlin zieht. Es endet in Steglitz; Käte erlitt im Freibad einen Herzinfarkt, Lotte löst die Wohnung auf und holt die Hinterlassenschaften zu sich nach Schweden – in Berlin und in Deutschland war sie nicht mehr zu Hause.

Im Berlin der 1920er Jahre konnten die Mädchen zum Gymnasium gehen und studieren. Lotte wurde Malerin, Käte Germanistin; die eine wurde Meisterschülerin an der Berliner Kunstakademie, die andere schrieb ihre Doktorarbeit an der Münchener Universität und veröffentlichte binnen fünf Jahren drei literaturhistorische Schriften, bevor Dr. Käte Laserstein an eine Berliner Schule wechselte und 1933 als sogenannte Dreiviertel-Jüdin aus dem Staatsdienst entlassen wurde.

Lotte Laserstein begann gerade ein Name zu werden, den man sich merken sollte, als auch sie Schritt für Schritt aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen wurde. In Friedenau, am ersten der Lasersteins Orte erzählen wir vom Aufbruch zweier junger Frauen: in die Welt der Kunst und der Wissenschaft. Das Haus in der Stierstraße 19 steht heute nicht mehr; auch das gehört zu unserer Geschichte. Vor dem Haus am Immenweg befindet sich heute ein Stolperstein: die Mutter, Meta Laserstein wurde dort verhaftet und kam im KZ Ravensbrück ums Leben. Der Spielort am Steglitzer Immenweg 7 steht für die Verfolgung in der NS-Zeit und den Versuch, danach zu leben.

Lasersteins Orte ist eine Begegnung mit zwei Orten und zwei Lebensgeschichten, zwei Schwestern und zwei Schauspielerinnen. Laura Mitzkus und Greta Galisch de Palma spielen in Zusammenarbeit mit einer Kunsthistorikerin und Kuratorin sowie einem Theaterregisseur und Historiker. Anna-Carola Krausse sorgte 2003 mit der ersten Lotte Laserstein-Ausstellung in Berlin für deren Wiederentdeckung; Christian Tietz inszenierte mit einem Kunstkurs an Kätes ehemaliger Schule DIE ZWEI SCHWESTERN LASERSTEIN

Und ein Folgeprojekt gibt es Ende 2022: LASERSTEIN OLLENDORFF (FRIEDLAENDER)

Den Flyer gibt es hier:  Lasersteins Orte_Flyer

Die Aufführungen in Friedenau und Steglitz fanden im Juli 2021 statt, bei freiem Eintritt, unter offenem Himmel:

Sa. 10.7. 17+19 Uhr + Mi. 14.7. 17+19 Uhr: Stierstraße 19, Berlin-Friedenau

So. 11.7. 17+19 Uhr + Do. 15.7. 17+19 Uhr: Immenweg 7, Berlin-Steglitz

 

Um den Spaziergang für Nachwelt zu erhalten, hat vajswerk einen Podcast produziert:

Mit Greta Galisch de Palma und Laura Mitzkus. Regie: Felicitas Braun, Dramaturgie: Christian Tietz, Recherche: die Vier. Außerdem zu hören: Dr. Maria Kublitz-Kramer, Dr. Claudia Schoppmann, Annemarie Seeling, ehemalige Schüler:innen von Dr. Käte Laserstein u.v.m.

Postproduktion: Martin Anding, Tonmacherei. Erscheinungsdatum: 25 Dezember 2022

 

GROSSES KINO DDR

Einen historischen Fall – und mutmaßlichen Filmstoff – nimmt das Recherchetheater Vajswerk zum Ausgangspunkt für seine neue Darstellung von DDR-Geschichte und dessen Rezeption. An der Schnittstelle von Wissenschaft und Kunst zeigte bereits TAMARA BUNKE. EINE HELDIN WIRD GEMACHT die Wechselwirkungen von Biographie und Instrumentalisierung. Die konkrete Geschichte einer tödlichen Republikflucht wird nun in GROSSES KINO DDR zur Auseinandersetzung mit dem zentralen Begriff von deutscher Teilung und Einheit: mit dem Begriff Freiheit und dessen politischer und gesellschaftlicher Deutung. „Er wollte nur die Freiheit“ heißt es auf dem Denkmal für den erschossenen Peter Fechter, das zehn Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer errichtet wurde.

Im Kalten Krieg erklärte Axel Cäsar Springer die an der innerdeutschen Grenze erschossenen Flüchtlinge für „Gefallene im deutschen Freiheitskrieg“. Gilt dies auch für Peter Reisch, der am 5. Juni 1962 an den Sperranlagen im Harz tödlich verwundet wurde? Dem Todesschützen – der zuerst geehrt wurde und dann seinerseits in den Westen floh – wurde ein Jahr später in Stuttgart der Prozess gemacht: Das Urteil gegen F. H. wurde zum ersten gegen die sogenannten Mauerschützen. Zu diesen beiden Männern gehört auch eine Frau; ein Brief an sie stecke in der Jackentasche des Republikflüchtlings. In der Heimat fest verwurzelt, geriet sie zwischen die Fronten und lebt heute in Thüringen.

Die Geschichte dieser drei ist ein Stoff, aus dem großes Kino gemacht wird, das dem DDR-Bild eines millionenfachen Publikums entspricht. Beispiele hierfür gib es zahlreiche in der Populärkultur, im gesellschaftspolitischen Mainstream: Freiheitswille versus Repression; DDR-Geschichte dient heute als Folie zur Legitimierung unserer freiheitlichen Gegenwart.

Vajswerk untersucht nun einerseits das Narrativ von Freiheit, Unterdrückung und Flucht in den 40 Jahren der Teilung und den 30 Jahren der Einheit und beschäftigt sich andererseits mit dem authentischen Fall – und den Folgen jener Schüsse aus dem Sommer 1962.

Hier finden Sie drei der zehn Puzzleteile der Inszenierung für das Heimkino:

Mit bzw. von: Laura Mitzkus, Charles Toulouse, Manolo Palma, Markus von Schwerin; Julia Jägle, Mirko Winkelmann, Stefan Paul-Jacobs, Anne Decker, Christian Tietz; Paul Fenski, Mareike Trillhaas.

Die Uraufführung war am 29. Oktober 2020 in der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde; am 12. November 2020 war das Stück als Stream zu sehen, zur Prime Time um 20:15. Im Sommer 2022 gab es eine Wiederaufnahme, eine regelrechte Tour: an drei Orten in Berlin sowie in Erfurt, Stuttgart und Egeln. Eine eigene Jugendfassung zeig(t)en wir  am 1.&2.Dezember 2022, am 6.&7. Juli 2023 sowie am 5.&6. Dezember 2024 und aktuell am 8.&11. Juli 2025 – im Haus der Jugend Zehlendorf; am 8.7. um 19:00 &  am 11.7. um 09:00 und 12:00. – Außerdem machten wir uns im April 2024 auf zu einer 2. Deutschlandtour, mit besagter Jugendfassung. 2.4. Halle/Roter Ochse  – 3.4. Egeln/Schule an der Wasserburg – 5.4. Helmstedt/Arbeiterwohlfahrt – 12.4. Berlin, Felix-Mendelsohn-Bartholdy-Gymnasium – 22.4. Rathenow/Kulturzentrum.


Projekt im Prozess: der Blog zu Großes Kino DDR

Großes Kino DDR – Wie alles begann

Nicht nur Schauspieler, sondern auch Rechercheur

Vom Interview zum dramatischen Text

I shot the refugee

Zwischen Telefon, Archiv und Zeitzeugen

Der Fall F.H., die „DDR“ und ihre Aufarbeitung

Schreiben ist Zuhören

Das Ende aller Liebeslieder

Und dann fragten sie sich selbst

„Wir machen gleich Einlass!“


Das Projekt wurde gefördert mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, vom Fonds Darstellende Künste im Förderprogramm „#takeheart“ sowie vom Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf/KiA: Berliner Förderung der darstellenden Künste für ein junges Publikum.

Den Flyer zur Uraufführung finden Sie hier. Den Flyer zur Tour und Wiederaufnahme im Sommer 2022 finden Sie hier.

 

DIE ZWEI SCHWESTERN LASERSTEIN

Im Sommer 2019 war in Berlin die große Lotte Laserstein-Ausstellung zu sehen; wir waren unter den 88.851 Besucher*innen der Berlinischen Galerie. Ihre Schwester Käte war Lehrerin an unserer Schule, der heutigen Halvorsen Schule. Aus beidem machen wir ein Theaterstück über beide. Unser Recherche-Theater-Projekt heißt DIE ZWEI SCHWESTERN LASERSTEIN.

Die zwei Schwestern Laserstein sind 12 und 14 Jahre alt, als die Mutter mit ihnen nach Berlin zieht; der Vater war früh gestorben. Lotte und Käte machen Abitur und studieren. Lotte kommt auf die staatliche Kunsthochschule und wird Meisterschülerin. Käte promoviert, publiziert drei wissenschaftliche Arbeiten zur Literaturgeschichte und entscheidet sich schließlich, Lehrerin an Höheren Schulen zu werden. Lotte bezieht als Malerin ihr eigenes Atelier und feiert ihre ersten künstlerischen Erfolge. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten können beide ihre Berufe nicht mehr ausüben; Käte wird aus dem Schuldienst entlassen, Lotte darf nicht mehr ausstellen, ihre Malschule wird geschlossen. 1937 nutzt Lotte eine Ausstellung in Stockholm um nach Schweden zu emigrieren; Käte taucht 1942 unter und überlebt in der Illegalität, in einer Berliner Laube. Die Mutter, Meta Laserstein stirbt 1943 im KZ Ravensbrück.

Mit privaten Porträtaufträgen baut sich Lotte in Schweden eine künstlerische Existenz auf. Käte kehrt 1954 nach Berlin zurück – acht Jahre lebte auch sie in Stockholm – und unterrichtet bis zu ihrem Tod (1965) an der Getrauden-Schule – der heutigen Gail S. Halvorsen Schule – Deutsch und Englisch. Lotte wird wenige Jahre vor ihrem Tod (1993) wiederentdeckt; auf dem Kunstmarkt sind ihre Gemälde heute Millionen wert.

Für DIE ZWEI SCHWESTERN LASERSTEIN haben wir Lottes Bilder und eine gründliche Schilderung ihres Werkes und Lebens. Von Käte gibt es zahlreiche Briefe (aus den 1950er Jahren), einen Aufsatz über sie als Germanistin und die Erinnerungen ihrer ehemaligen Schüler*innen. Mit diesen Werken, Hinterlassenschaften und Spuren sowie unseren Fragen und Recherchen und unserem Malen und Spielen entsteht ein Theaterabend.

Am 10. und 12. Dezember zeigen wir DIE ZWEI SCHWESTERN LASERSTEIN in der Aula, in der 1957 Käte die Rede für ihre ersten Abiturientinnen hielt.

Der 9er Kunst-Kurs der Halvorsen Schule recherchiert und malt und spielt: Antonia Kasparek, Armağan Arslan, Darlene Wendt, Emmi Guse, Israa Tohme, Jasmin Lampe, Joyce Richter, Laura Peter, Michelle Meyer, Patrick Brinkmann, Ruben Miersch, Samson Kühn, Sarah Jacobs, Steven Bachmaier, Tarek Korkmaz und Vincent Francioso. Unter der Leitung von Christian Tietz, Charles Toulouse, Kathrin Aurich und Gisela Hilbert-Irmer.

Gefördert vom Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung und der Gail S. Halvorsen Schule.

Uraufführung am 10. Dezember 2019 in Berlin-Dahlem. Am 11. Januar war beim Tag der Offenen Tür der Halvorsen Schule eine Kurzfassung des Stückes zu sehen. Im Berliner Abgeordnetenhaus, beim Jugendforum denk!mal20 wurden DIE ZWEI SCHWESTERN LASERSTEIN in der Ausstellung gezeigt. – 2021 gab es ein erstes Nachfolgeprojet: LASERSTEINS ORTE – mit zwei Schauspielerinnen an der ersten und letzten Adresse der Lasersteins in Berlin. Und 2022 ein zweites, wieder mit Laura Mitzkus und Greta Galisch de Palma: LASERSTEIN OLLENDORFF (FRIEDLAENDER)

Den Flyer DIE ZWEI SCHWESTERN LASERSTEIN finden Sie hier. Und den Trailer zum Stück gibt es hier.

TAMARA BUNKE. EINE HELDIN WIRD GEMACHT

Nach Tamara Bunke wurden Schulen, Kindergärten und Jugendbrigaden benannt; Bücher wurden über sie geschrieben, ihr Leben – an der Seite Che Guevaras – wurde verfilmt; der Asteroid Bunke trägt ihren Namen.

Sie wurde 1937 in Buenos Aires geboren; ihre Eltern waren als Kommunisten aus NS-Deutschland geflohen. 1952 kehrten die Bunkes zurück, um in der DDR ein besseres Deutschland aufzubauen; 1967 wurde Tania in Bolivien als Guerilla-Kämpferin erschossen.

In Vajswerks Recherche-Theater-Projekt geht es um die Instrumentalisierung eines politischen Menschen, um dessen Rezeption: also mehr um das Nachleben als um das Leben einer 29-jährigen Revolutionärin: TAMARA BUNKE. Eine Heldin wird gemacht.

Auf der Bühne gibt es Tania gleich fünfmal. 1/ Als Vorbildfigur in der DDR. 2/ Als Reizfigur ebendort. 3/ Als DDR-Ikone in der BRD. 4/ Als gesamtdeutscher Star des Boulevards: als Geliebte Che Guevaras und/oder Stasi- und/oder KGB-Agentin. 5/ Als aktuelle Bezugsperson für Menschen, die sich mit dem Kauf von Fair-Trade-Produkten nicht zufrieden geben.

Es recherchier(-t)en und spiel(-t)en: Astrid Kohlhoff, Charles Toulouse, Laura Mitzkus, Mathis Eckelmann, Rosanna Steyer; Projektleitung: Julia Jägle undJanetta Stroutchenkov;  Regie: Felicitas Braun und Christian Tietz.
Gefördert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und dem Bezirksamt Treptow-Köpenick.

Uraufführung am 30. November 2018 in der Hochschule für Technik und Wirtschaft. Wiederauffahme am 30. Januar 2020, ebenfalls in Oberschöneweide. – Eine Lesung im Rahmenprogramm der Sonderausstellung „Ein Land und seine Helden“ findet im DDR Museum statt: am Mittwoch, 10. August 2022 um 18 Uhr.

Fotos & Trailer: Silvio Beck

Den Flyer der Veranstaltung gibt es hier.

ANNE MARIE

ANNE MARIE. Von der Argentinischen Allee 20 zur 20 East 62nd.

Anne Marie. Annemarie. AnneMarie. Anne-Marie. Genannt Busch. Oder Bouche. Meier-Graefe. Broch. Geborene Epstein. Aufgewachsen in der Argentinischen Allee 20 (Berlin), u.a. wohnhaft in der 20 East 62nd (New York), gestorben in Saint-Cyr-sur-Mer, rund 50km östlich von Marseille. Diesen Weg schreiten wir ab und schauen auf 88 Jahre, auf ein Leben, dessen Mittelpunkt wohl bei uns um die Ecke gelegen hätte. Anne Marie war 27 Jahre alt, als sie vertrieben wurde, als deutsche Jüdin. Ihre Geschichte handelt von Verfolgung und Exil und vom Kampf um Selbstbestimmung, von der Autonomie als Künstlerin.
Unser Recherche-Theater-Projekt für Jugendliche beginnt im März und endet mit drei Werkstattaufführungen im November.

Im Frühjahr 2017 zeigten wir Anne Marie zum ersten Mal, aber nur kurz: in „Arg28. Das Haus und der Turm der blauen Pferde“. Die Argentinische Allee 20 – die Epstein-Villa – war das architektonische Vorbild der Argentinischen Allee 28, dem heutigen Haus der Jugend, wo unsere Aufführungen auch stattfanden. Das Publikum begegnete Bewohnern, Besuchern und Nachbarn des Landhauses am Zehlendorfer Waldsee. Anne Marie (1905-1994) war eine von ihnen, das einzige Kind von Elsbeth-Luise und Walter Leo Epstein. Ihr Vater starb früh, 1918, er bekam ein Ehrengrab in Nikolassee; ihre Mutter wurde 1942 deportiert und in Maly Trostenez bei Minsk erschossen. Anne Marie lebte mit ihrem ersten Mann im französischen Exil und floh nach dessen Tod in die USA. 1951 besuchte sie zum ersten Mal ihr altes Zuhause; ihr neues suchte sie in der Provence. War Anne Marie eine berühmte Persönlichkeit? Oder hatte sie nur zwei berühmte Ehemänner? Stand sie auf dem Foto links neben Thomas Mann als Frau des Kunstkritikers Julius Meier-Graefe; wurde sie als Frau des Literaturnobelpreis-Kandidaten Hermann Broch von Hannah Ahrendt fotografiert? Anne Maries Briefe erzählen nicht nur vom Leben und Überleben, sondern auch von der Existenz als Künstlerin, von der Suche nach einem Ort für sich.

Es recherchieren / lesen / spielen: Beate Niemann, Ben Petrioli, Hannelore Wücke,  Lena Hoffmann, Lina von Kries, Lisa Haucke, Joshua Engel, Rubina Franke, Tabea Goßlau; Leitung: Christian Tietz
Das Projekt wird gefördert aus Mitteln des Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung.

Uraufführung am 2. November 2018 im Haus der Jugend Zehlendorf. Wiederaufnahme am 11. Januar 2019. – Am 30. Januar waren Ausschnitte beim Jugendforum „denk!mal19“ im Berliner Abgeordnetenhaus zu sehen. Trailer und Live-Mitschnitt s.u.

2023 machte Thea Schaare einen kurzen Animantionsfilm über Anne-Marie und ihren Besuch in Berlin im März 1951, ihr Wiedersehen mit dem Haus in der Argentinischen Allee.

Der Kurzfilm war Teil der Ausstellung des Jugendforums denk!mal24 im Berliner Abgeordnetenhaus und ist nun auf Youtube zu sehen.

 

Fotos: Kai Otte

Anlässlich des Jugendforums ‚denk!mal‘ zum internationalen Gedenktag an die NS-Opfer war ANNE-MARIE am 30.1. zu Gast im Abgeordnetenhaus. Hier der Link zur TV–Übertragung.

Den Flyer zum Stück finden Sie hier.

SIMON WINKLER 1986-2007 SCHAUSPIELER

Ein Recherche-Theater-Projekt von Filou · AMG · Vajswerk

Ausgezeichnet mit dem amarena-Förderpreis des Bundes Deutscher Amateurtheater 2017

SIMON WINKLER 1986-2007 SCHAUSPIELER wird ein Stück über einen jungen Menschen in einer kleinen Stadt. Der spielte Theater, ging auf die Schauspielschule und starb mit 21 Jahren an den Folgen eines Autounfalls. Wir zeigen seine Geschichte und zugleich die einer Jugend – und fragen uns: Was bleibt von einem Leben, das so kurz und so plötzlich vorbei war?

Nach einer Recherchephase im Frühjahr steht im Herbst eine Reihe Schauspieler auf der Bühne des Beckumer Stadttheaters, seines Theaters. Die Akteure sind zum einen seine Bekannten und zum anderen Schüler*innen des AMG, seiner Schule, des Albertus-Magnus-Gymnasiums.

Das gesammelte biographische Material – drei Antworten auf drei Fragen – ist der eine Teil der Inszenierung, der andere sind die Filmausschnitte mit Simons Rollen bei Filou: Der Bürger als Edelmann, Frohes Fest, Bubblegum und Brillianten, Norway.Today, Klasse der Besten, Hamlet. Es entstehen unterschiedliche Bilder eines Menschen: durch Erzählungen, Kameraaufnahmen, Rolleninterpretationen, Schülerimprovisationen.

Die Jugendlichen von heute sind schon auf der Bühne, die Jugendlichen von damals treten hinzu – sie kommen wie gerufen und spielen mit. Die schriftlichen Antworten werden zu mündlichen, die Antwortenden werden zu Mitspielern. In dem Augenblick eines Theaterabends bildet sich ein Ensemble aus Jugendlichen, jetzigen und damaligen, mit einem Jugendlichen in ihrer Mitte, Simon Winkler. – Das Stück wird keine Gedenkveranstaltung; es handelt vom Tod, aber mehr noch vom Leben und vom Theater.

Mit Anja Plassmann, Anna Hillmer, Christian Tietz, Felicitas Braun, Hilde Broschk, Joshua Engel, Marina König, Markus Berkemeier, Melanie Jantzen, Nisa Dinc, Tabea Lotka, Tendayi Plokarz.
Regie & Idee: Christian Tietz, Filmaufzeichnung: Kalla Füchtenkamp, Schnitt: Felicitas Braun

Die beiden Aufführungen waren am 18. und 19. November 2017 im Stadttheater Beckum zu sehen. Die Projektpräsentation samt Preisverleihung fand am 28. September 2018 beim bdat-Festival in Leipzig statt.

Trailer:

Stückdoku:

Photo: Norway.Today, 2005, Bühnenbildmodell von Christian Held

DAS TAGEBUCH DES JÁNOS REISZ, 1467 KN.

Von Dezember 1944 bis April 1945 führte János Reisz ein Tagebuch im KZ Bergen-Belsen. Mit seinen elf Jahren war er der vermutlich jüngste Tagebuchschreiber in einem Konzentrationslager überhaupt. In dem kleinen Heft befinden sich auch Zeichnungen, Liedtexte, ein Schulaufsatz, zwei amtliche Schreiben. Mit diesen und weiteren autobiographischen Zeugnissen entsteht ein Recherche-Theater-Projekt mit Jugendlichen.

Es gibt ein Tagebuch, es ist kleiner als ein DinA6-Heft und selbstgefertigt: gefaltete Papierbögen, an der Falz mit einem Faden zusammengenäht, mit Bleistift beschrieben, in ungarischer Sprache. Die Titelseite ist gestaltet wie ein Buch, zu dem auch ein Titel gehört: Lagerleben in Bergen. Der Autor nennt auch Namen, Ort und Zeit: János Reisz, Bergen Belsen, Krs. Celle. 7.12.1944 – 8.4.45. Das Abreisedatum wurde am Tag der Abreise oder kurz danach notiert, mit breiterer, abgenutzter Bleistiftmine.

Das Tagebuch gibt einen authentischen Blick auf das Leben im KZ Bergen-Belsen, im Sonderlager für Juden aus Ungarn – aus der Perspektive eines 11jährigen Kindes aus Serbien, das mit der Flucht von Belgrad nach Szeged von Jovan zu János wurde.

Dieses Tagebuch lesen wir nun in deutscher Übersetzung, gemeinsam in der Gruppe. Und zum Schluss tragen wir es auch vor; es steht im Zentrum unseres Projektes. Die Fragen, die sich uns beim Lesen stellten, werden Teil des Stücks: was steht da, was bedeutet das? Der (Lern-) Prozess kommt mit auf die Bühne und wird somit gleichzeitig für das Publikum nachvollziehbar.

Hinzugezogen werden zusätzliche autobiographische Zeugnisse, die drei erzählerischen Bücher von Jovan Rajs. Wir fragen ihn aber auch selbst – er lebt heute 84jährig in Stockholm – und laden ihn einmal zum Gespräch nach Bergen-Belsen. (Und zur Premiere nach Berlin natürlich.) Eine Exkursion führt uns von Berlin zur niedersächsischen Gedenkstätte, die gleichzeitig unser erster Kooperationspartner ist.

In der historischen und darstellerischen Auseinandersetzung mit einem Tagebuch entsteht eine multiperspektivische Spielfassung, die Jugendliche gemeinsam erarbeiten, erspielen und schließlich auch selbst aufführen – als Forscherteam über János Reisz, 1467 Kn.

Mit Annika Woyte, Ben Petrioli, Cassian Rätsch, Clément Lamy, Daniel Berndt, Daniel Jeske, Denise Wendt, Gisele Bergfried, Jahn Langner,  Jan Feist, Jakob Neinaß, Janina Martin, Josefine Darge, Joshua Engel, Jürgen Pretz, Kardelen Korkmaz, Lena Hoffmann, Leo Maisels, Leon Beganović, Leon Groschk, Lisa Haucke, Lisa Stöer, Louis Ahl, Manar Ellababidi, Maxim Kleemann, Niklas Winkelsträter, Paul Schubert, Richard Hübner, Sami Badarjah, Silas Flemming, Timo Lindenberg, Timothy Kampa, Tom Herrmann.

Leitung Recherche und Spiel: Christian Tietz; Theaterpädagogik: Charles Toulouse; Recherche/Ungarn: Gabriella Valaczkay; Projektbegleitung: Naomi Czernetzky, Andreas Goßlau; Produktionsleitung: Gaby Oelrichs, Fotos & Video: Kai Otte.

Uraufführung am 25. Januar 2018 im Haus der Jugend Zehlendorf.

Weitere Aufführungen in der Gail S. Halvorsen Schule und im Stadthaus Bergen,  im Rahmenprogramm der Ausstellung „Kinder im KZ Bergen-Belsen“.

(Die interne Gefangenennummer war 1467, Kn stand für Knabe.)

Mit freundlicher Unterstützung

der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“,

der Gedenkstätte Bergen-Belsen und dem Haus der Jugend Zehlendorf.

DIE LEBEN DES BERL KOSTINSKI

Berl Kostinski als Hans Vogeler, Berlin 1943

Berl Kostinski als Hans Vogeler, Berlin 1943

Nehmen Sie mich bitte mit?
Wer bist Du?
Ein Deutscher.
Wie heißt Du?
Vogeler. Hans Vogeler.

Berl Kostinski ist zwanzig Jahre alt, als er im August 1941 auf Soldaten der Wehrmacht stößt. Er ist lebensgefährlich verwundet, ukrainischer Jude und sowjetischer Kriegsgefangener. Er gibt sich als Deutscher aus, als Hans Vogeler. So wird er medizinisch vorsorgt, später als Dolmetscher im Süden Berlins eingesetzt.

Als im Sommer 1944 die Gefahr der Enttarnung bzw. des Fronteinsatzes zu groß wird, wechselt er wieder die Identität und taucht als Boris Kostin in einem Transport unter, der Zwangsarbeiter ins Rheinland bringt. Dort erlebt er das Kriegsende.

Jugendliche machen sich auf Spurensuche: nach Berl Kostinski und seinen Leben. Sie tragen Dokumente zusammen, lesen Erinnerungen, forschen nach den Lagern im Berliner Umland. Nun zeigen sie ein Spiel mit Identitäten – in dem es um Leben und Tod ging.

Mit: Joshua Engel · Lena Hoffmann · Richard Hübner · Leo Maisels · Diana Müller · Jürgen Pretz · Justin Rawlinson · Janetta Stroutchenkov · Felix Tismer · Sham Abdolal · Sarah Jessica Arndt · Laura Buhlmann · Louis Creutzburg · Paul Dahms · Laisa Dennewill · Sophie Große · Sarah Lange · Kevin Meyer · Clarissa Schmolinske · Jasmin Schulz · Marvin Stadthaus · Leon Zipser

Leitung: Christian Tietz · Karen Schäfer · Marcus Franke · Hanna Sjöberg · Ingrid Damerow · Olaf Löschke

Ein Recherchetheaterprojekt von: Deutsch-Russisches Museum Karlshorst · Haus der Jugend Zehlendorf · Fontane Gymnasium Rangsdorf · Vajswerk Recherchetheater Berlin

Uraufführung am 10. April 2016 im Deutsch-Russischen Museum Berlin- Karlshorst. Nach den fünf Aufführungen wurde das Stück im Februar 2017 noch dreimal gezeigt: im Haus der Jugend Zehlendorf und im Fontane Gymnasium Rangsdorf. Ausschnitte waren im Berliner Abgeordnetenhaus, beim Jugendforum denk!mal zu sehen; die Filmaufzeichnung dazu s.u.

Die Leben des Berl Kostinski im Berliner Abgeordnetenhaus
„Die Leben des Berl Kostinski“ bei einer Gedenkveranstaltung im Berliner Abgeordnetenhaus. Foto: Mia Carlotta Luecke.

Ausschnitte dieser Gedenkveranstaltung vom 18. Januar 2017, die von Alex-TV live übertragen wurde:

Den Flyer dieser Produktion gibt es hier zum Download.

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DAS SPIEL VON DINA UND JOVAN

Das Theaterstück basiert auf den Holocaust-Erinnerungen von Dina und Jovan Rajs, die 1968 aus dem damaligen Jugoslawien nach Schweden auswanderten. Berliner Jugendliche haben ihre Bücher gelesen und wollen daraus ein Theaterstück machen. Die beiden proben, spielen und überlegen und plötzlich stehen sie selbst da, Dina und Jovan, und spielen mit.

Kennengelernt hatten sich Dina und Jovan mit 17 und 21 Jahren, während einer Sommerfreizeit des Belgrader jüdischen Jugendclubs. Der Moment der Begegnung ist der Ausgangspunkt für das Theaterstück, das weitere Szenen der Erinnerung hervorruft: Wie Dina vorgeblich zur protestantischen Maria wird, wie sie bei ihrem Spielkameraden einen gelben Stern auf der Jacke entdeckt. Wie Jovan vom Tod seiner Familie erfährt, wie er im KZ Bergen-Belsen ein Tagebuch beginnt.

Die Inszenierung pendelt zwischen Kindheit und Jugend, Vergangenheit und Gegenwart, zwischen den beiden authentischen Figuren und ihren jugendlichen Darstellern. Diesen Vier folgt das Publikum bei deren Spiel und wird so Zeuge einer Annäherung an eigene und fremde Lebensgeschichten.

Die autobiographischen Bücher von Dina und Jovan Rajs erscheinen in der Edition Rugerup.

Mit: Dina und Jovan Rajs, Lisa Haucke und Joshua Engel.
Inszenierung: Christian Tietz, Koordination: Gaby Oelrichs, Fotos: Jeele Johannsen.

Ein Theaterprojekt von: Haus der Wannsee-Konferenz, Haus der Jugend Zehlendorf und Vajswerk Recherchetheater.

Uraufführung am 29. August 2015 im Haus der Wannsee-Konferenz. Das Stück wurde dort und im Teaterstudio Lederman/Stockholm gezeigt. Wiederaufnahmen gab es im Haus der Jugend Zehlendorf und in der ehmaligen Synagoge in Kitzingen, im Januar 2017. Im Sommer und Herbst 2017 war die schwedische Fassung, mit schwedischen Jugendlichen (und Dina und Jovan!) , im Boulevardteater Stockholm zu sehen. Am 21. März 2016 fand zudem eine Autorenlesung mit Dina und Jovan Rajs und ihren Übersetzern statt, im Literaturhaus Berlin.  Am 25. Januar 2018 hatte DAS TAGEBUCH DES JÁNOS REISZ, 1467 KN. in Berlin Premiere.

PS:
Sverigepremiären av DINA OCH JOVAN – Flyern finns här

Den Flyer dieser Produktion gibt es hier zum Download.